Vortrag von Marianne I. Christel
Jane Goodall – kürzlich mit 91 Jahren gestorben – davor war sie noch eine „lebende Ikone“, wie sie sich durchaus auch selbst bezeichnete – eine Lichtgestalt, die nach dem „Prinzip Hoffnung“ weltweit für die Rettung von Mensch, Tier und Natur warb.
Der fulminante Nachruf auf sie regte mich spontan an, in ihrem Gedenken einen Nachmittag zu gestalten. Schließlich hatte sie auch einen Aspekt meiner Forschung inspiriert.
Es war ihre Erfolgsstory! Von der Sekretärin zur Cambridge-Doktorandin; zahlreiche Ehrendoktorwürden folgten. Dennoch verstand sich Jane als Natur-Forscherin, weniger als Natur-Wissenschaftleri, denn die Natur musste mit allumfassender Empathie verstanden werden, in der Hoffnung, ihre Zerstörung aufzuhalten und zu heilen.
Sie scheute sich dabei nicht, die führenden Ausbeuter und Zerstörer von Mensch und Natur zu nennen. Als die Debatten über Tierversuche in der pharmazeutischen Industrie intensiver wurden, trat sie als prominente Kritikerin auf.
Sie war eine überzeugte „Muttertochter“; ihre initiale Forschung in Afrika bei den Schimpansen von Gombe startete sie mit ihrer Mutter gemeinsam.
Aber sie wollte nicht als Feministin, sondern als Humanistin bezeichnet werden: Gleichzeitig hat sie den Widerstand der Suffragetten bewundert, mit dem diese das Frauenwahlrecht erkämpft haben. Und sie äußerte sich kritisch zur ungleichen Behandlung von Frauen in der Wissenschaft.
Indem sie sich jedoch als eine Art „Mutter“- oder „Heiligen“-Figur in der Natur darstellen ließ – so die feministische Wissenschaftskritik – wäre Goodalls Image domestiziert und für die patriarchalische Wissenschaft akzeptabel gemacht worden.
An diesem Nachmittag sollen alle diese Aspekte zu anregenden Gesprächen führen, sowohl über Jane Goodall als Person, als auch über den Inhalt und Wert ihrer Forschung für die Verhaltensforschung.
©Foto von J.Goodall: Von Nicolas Richoffer - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=158994632