Die BEGINE feiert ihr 35-jähriges Jubiläum

Hat das eine damals ahnen können? Mit tatkräftiger Unterstützung gestartet, mit reichlich Publikum gesegnet startete die BEGINE, sie war ein Kind ihrer Zeit und hielt ihr Kulturschiff mit und für Frauen tapfer auf Kurs. Die ersten Jubiläen kamen, auch die ersten Stürme, inzwischen war der anfängliche Neugründungsrausch einem alltäglichen Arbeitsalltag gewichen, und weil sie sich halten konnte, kamen auch das 25. und das 30. Jubiläum. Jetzt also das 35-jährige Jubiläum!

Mit 35 steht frau mitten im Leben, hat aber trotzdem noch viele Fragen. Fragen zur Zukunft. Was lag näher, als sich einmal umzuschauen unter den berühmten Weltlenkerinnen und eine Besondere auszuwählen und zu befragen nach der Zukunft und nach den besonderen Kräften für das Durchhalten durch alle Zeiten.

Unsere BEGINE-Reporterin für die ganz großen Themen saß an ihrem Schreibtisch und dachte darüber nach, wie sie diesen Auftrag umsetzen könnte. Darüber wurde sie müde, legte sich auf das Sofa, wo sie ohne weiteres einschlief. Sie träumte. Im Traum war ihr, als sei sie nach London gereist. Dort habe sie sich mit der berühmtesten weiblichen Führungsperson des 20. Jahrhunderts getroffen und sie nach den Perspektiven für die BEGINE befragt. Noch beim Aufwachen gelang es ihr, das Geträumte niederzuschreiben. Hier ihr Traum:

Mabel Berlin, 35, im schlichten grauen Smoking mit auberginefarbener BEGINE-Krawatte, setzt ihre Teetasse ab:

„Majestät, Sie werden im nächsten Jahr ihr 70-jähriges Thron-Jubiläum feiern. Ich bin Abgesandte der berühmten Frauenkulturwerkstatt BEGINE in Berlin. Die BEGINE wird demnächst ihr 35-jähriges Jubiläum feiern. Wie haben Sie es geschafft, so lange an der Macht zu bleiben?

Queen Elizabeth II., 95, im knall-violetten Kostüm mit Hut und Mantel, wirft einen langen Blick aus dem Fenster ihrer Audienzhalle, bevor sie sich an ihre Gesprächspartnerin wendet:

„Nun, Mabel, ich darf Sie doch Mabel nennen? Wenn Sie sich so lange halten wollen, müssen Sie unbedingt auf ein solides Fundament achten. Eine lange Vergangenheit ist dabei schon sehr von Vorteil. Sehen Sie, all diese Gebäude hier ringsherum, sie sind für die Ewigkeit gebaut. Jede und jeder, die und der hier ein- und ausgeht, ist umgeben von steingewordener Bedeutung, das stärkt Sie, ohne dass Sie weiter groß darüber nachdenken müssen.

Aber das ist nur ein Aspekt! Natürlich müssen Sie auf die finanzielle Ausstattung Rücksicht nehmen. Wie Sie vielleicht wissen, habe ich ja ein Königreich zu leiten, das sich jahrhundertelang in alle Welt ausgebreitet hat, wovon heute noch zahlreiche Spuren zu erkennen sind. Nun, der Ausbreitung ist eine Konzentration gefolgt, das ist der Lauf der Welt, und trotzdem geht die Welt deshalb nicht unter, aber Sie müssen sich entsprechend anpassen.

Ein Drittes, neben dem Fundament und der finanziellen Ausstattung, das ist der Nachwuchs! Und damit sind Menschen und Ideen gemeint. Ich kann gar nicht oft genug betonen, wie wichtig der Nachwuchs ist! Wissen Sie, keine Idee, und sei sie noch so gut und noch so passend, kann sich über ihre Zeit hinaus halten, wenn sie es nicht schafft, die Menschen, in ihrem Fall wohl die Frauen, dafür zu gewinnen, diese Idee immer wieder in die Zukunft zu tragen.

Ein Viertes: Sie müssen sich über Ihr Grundanliegen immer wieder klarwerden! Ich habe es da vielleicht ein bisschen einfacher als Sie, ich bin die Queen und stehe dem britischen Königreich vor, daran kann und will ich gar nichts ändern. Natürlich werden die Zeitumstände sich immer wieder bemerkbar machen, die einen wollen kein Königreich mehr, die anderen wollen lieber einen König, den dritten ist das alles egal, solange es nichts kostet.“

Mabel Berlin: „Majestät, Sie haben vorhin das Fundament angesprochen und damit vielleicht sogar noch mehr gemeint als nur ein Gebäudefundament. Welche Persönlichkeiten haben Sie in Erinnerung, die bei Ihnen gewissermaßen ein stabiles Fundament gelegt haben?“

Queen Elizabeth II.: „Das war natürlich in allererster Linie meine Mutter, Sie werden sich vielleicht …, nein, vielleicht doch nicht, aber Sie werden von ihr gehört haben. Sie war unsere erste Lehrerin. Ganz wichtig waren bei diesem ersten Unterricht Geschichte, Sprachen, Literatur und Musik. Sie sehen, ohne Kultur geht es nicht!

Und es kamen weitere wichtige Persönlichkeiten hinzu, meinen Vater will ich hier noch nennen. Aber seien Sie versichert, dass sich unendlich viele Menschen darum gekümmert haben, dass ich mein Amt mit einer guten Grundlage ausüben kann. Stellen Sie sich am besten ein breites Netz vor, das sich mit Ihnen bewegt, das Sie führt, das Sie selbst immer wieder führen, und alle arbeiten für dieses gemeinsame Netz. Wie ein organisches Wesen.“

Mabel Berlin: „Majestät, bei ihrer langen Amtszeit, bald werden es siebzig Jahre sein, wie haben Sie es geschafft, durch alle Krisen und schweren Zeiten hindurch nicht den Mut zu verlieren und trotzdem, wenn auch in veränderter Amtsfülle, an ihre Macht zu glauben?“

Queen Elizabeth II.: „Nun, ich bin, von Hause aus, ein gewissenhafter Mensch mit Verantwortungsbewusstsein, das war mir quasi in die Wiege gelegt, könnte ich auch sagen, so war es mir immer möglich, meinem inneren Kompass zu folgen. Und, ich will es hier noch einmal betonen, ich war nie allein, ich hatte immer ein umfassendes Netz um mich herum, das mir immer wieder Orientierung gegeben hat. Wissen Sie, Sie müssen das Neue heranlassen und annehmen und aufgreifen und mitnehmen, nur so können Sie Ihren Kern bewahren!“

Mabel Berlin: „Majestät, eine letzte Frage möchte ich Ihnen noch stellen für unsere Leserinnen in Berlin, in der BEGINE und anderswo: Was geben Sie uns mit für unseren weiteren Weg?“

Queen Elizabeth II.: „Nun, als Allererstes: Auf schwere Zeiten folgen einfache Zeiten! So ist der Lauf der Welt. Nehmen Sie die einen Zeiten genauso gern wie die anderen, bleiben Sie dran und finden Sie heraus, wie ihr passender Wandel aussehen könnte!

Als Zweites: Vergessen Sie nie, dass Sie diese Arbeit nicht nur für sich allein betreiben, sondern Sie tun Ihre Arbeit für ein ganzes Netz!

Als Drittes: Erzählen Sie Ihre Geschichte immer wieder neu! Es gibt so viele Frauen, die sie noch nicht kennen, die sie aber kennen sollten, ist es nicht so?

Schließlich: Erlauben Sie sich eine Erholung, immer wenn Sie sie brauchen! Ich wünsche Ihnen für sich und für die BEGINE und für die Frauen dort alles Gute!“

Mabel Berlin: „Majestät, ich danke Ihnen für dieses Gespräch!“

Hinweis: Es war alles nur ein Traum. Alle Zitate sind frei erfunden. Aber schön wäre es gewesen!
© Karin Hergl, 66, hat in frühen BEGINE-Jahren schon mal die Plattenteller für die Sommer-Disco gedreht, hat in späteren BEGINE-Jahren Tai Ji Quan und Qigong eingebracht, Unterstützerin.

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